Dumme Buben?
Artikel von Selina Nowak
Im wunderschönen Gewölbe eines Landgasthofs in Österreich feiern Neonazis eine fröhliche Party: Offen werden Nazi-Symbole zur Schau gestellt, ein eindeutiger Fall von Wiederbetätigung. Die Polizei ist vor Ort. Doch was tun die PolizistInnen? Sie lachen verschmitzt, geben den Neonazis die Hände und verlassen die Räumlichkeiten. Das Konzert beginnt, antisemitische und rassistische Parolen werden gegröhlt und verbotene Lieder gesungen.
Dies ist nur eine der Szenen im Film Blut muss fließen, in dem der Journalist Thomas Kuban viele Jahre lang mit versteckter Kamera auf Neonazi Konzerten in ganz Europa gefilmt hat.
“Des san jo nur harmlose Buam” Mit diesen und ähnlichen Sprüchen werden in Österreich gerne neonazistische Umtriebe verharmlost. Doch Neonazis sind nicht harmlos – die NSU Morde in Deutschland bewiesen, dass es offensichtlich nicht immer nur bei Wehrsportübungen bleibt. Ähnlich grauenhaft geendet hätte fast ein versuchter Brandanschlag auf ein Flüchtlingshaus in Vorarlberg nach einer “Geburtstagsfeier” im Jänner 2013. Nur ein „dummer Bubenstreich“? Es gab Hinweise auf Kontakte der Täter zu einer rechtsextremen Organisation.
Lange tat man in Österreich das Neonazi Problem als ein deutsches ab. Und tatsächlich gibt es in Österreich weit weniger Neo-Nazi Konzerte als in anderen Ländern. Doch gerade der Erfolg der umstrittenen Südtiroler Rockband Frei.Wild zeigt: Deutsch-Nationales Gedankengut ist wieder en vogue. Frei.Wild sind dabei nur die weichgewaschene Popversion einer riesigen Industrie, die abseits der Charts im Untergrund floriert.
Rechte Gesinnung wird über Musik als Lifestyle-Produkt verkauft. Antisemitismus, Rassismus und Homophobie werden gleich mitverkauft. Gewaltverherrlichende Lieder, wie „Blut muss fließen“ werden auf einschlägigen Konzerten regelmäßig gesungen, wie der gleichnamige Film in vielen Szenen beweist. „Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig, laßt die Messer flutschen in den Judenleib.“ In schnelle Gitarrenriffs verpackt werden die Verbrechen der Nazizeit heroisiert.
Die Nazionalsozialisten verkauften ihre Ideologie mit visueller und akustischer Ästhetik. Eine Taktik, die immer noch funktioniert.
Blut muss fließen DONNERSTAG 12.09.2013 im Das Kino
